
„Jeder Mensch ist wertvoll, wie desorientiert er auch sein mag.“
-Naomi Feil-
Im Mittelpunkt unserer betreuerischen Arbeit, steht das psychische und physische Wohlbefinden unserer Bewohner. Wir möchten die in unserem Haus lebenden Menschen auf ihren individuellen Lebenswegen fachgerecht und menschlich begleiten, sodass sie sich als Menschen ernstgenommen, wertgeschätzt und akzeptiert fühlen.
Um das zu erreichen, dient das Betreuungskonzept den Betreuern und Alltagsbegleitern unseres Hauses als Wert- und Handlungsgrundlage. Unser Ziel ist es, die Bewohner so zu begleiten, dass sie sich im Alltag besser zurecht finden & für sich sinnvollen Tätigkeiten nachgehen können. Das Betreuungskonzept haben wir hier für Sie zusammengefasst.
Wir möchten jeden Menschen in unserem Haus als Individuum mit eigener Vorgeschichte akzeptieren, und die daraus resultierenden Vorlieben und Abneigungen; Fähigkeiten, Stärken und Schwächen, Ängste, Wünsche und Bedürfnisse ohne Wertung annehmen. Jede dieser Eigenschaften & Ressourcen wird in die tägliche Betreuung eingebunden. Es geht um das Verstehen, um das „Warum?“. Warum handeln die in unserem Haus lebenden Menschen auf bestimmte Arten und Weisen? Was hat dieses Handeln für einen Ursprung? Können wir diese Fragen beantworten, erschließen sich Türen, welche andernfalls vielleicht verschlossen geblieben wären. Verstehen bedeutet Mitfühlen, und ist die Grundlage für einen würdevolles Miteinander.
Wir möchten auch im Gruppenangebot das Konzept der Ganzheitlichkeit anwenden. Hier wird am gemeinsamen Gruppeninteresse angesetzt. Versammeln wir uns in einer Gruppe, so entstehen bei jedem Einzelnen Teilnehmer Erwartungen, was nun geschehen sollte. Im Idealfall stimmen die Erwartungen und Wünsche der einzelnen Teilnehmern überein, das nennt man „Gruppeninteresse“. Allerdings besteht ein solches, einheitliches Gruppeninteresse nur selten. Es geschieht in der Praxis viel eher, dass die einzelnen Teilnehmer gegensätzliche Wünsche und Erwartungen an ein Gruppenangebot haben. Bei einer Gesangsgruppe werden unterschiedliche Lieder erwartet, beim Gymnastikangebot möchten die Teilnehmer unterschiedliche Körperregionen besonders aktivieren. Um aus diesen oft gegensätzlichen Interessen ein Gruppenangebot zu machen, aus dem alle Teilnehmer etwas mitnehmen können, muss die durchführende Betreuungskraft die einzelnen Wünsche erkennen und vereinen können.
Wir wissen, ein Umzug gleicht immer auch einem Neuanfang, hat aber auch den Aspekt des ,,etwas Zurücklassens“. Im Falle von Hochbetagten und / oder Demenzkranken Menschen, kommt es nicht selten vor, dass diese den Umzug in eine Pflegeeinrichtung zunächst als etwas Negatives empfinden. Die Schicksale sind hier so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Manche machen den Schritt in die Pflegeeinrichtung aus freien Stücken. Die Erfahrung zeigt aber, dass die Mehrheit den Umzug nicht selbst wählten, sich daher abgeschoben, unverstanden & entmündigt fühlen. Keine leichte Situation, wenn der Einstand in die neue Wohnumgebung mit solchen Emotionen behaftet ist. Es gibt nur eine Möglichkeit, den Bewohnern in dieser Phase etwas von ihren negativen Gefühlen und Gedanken abzunehmen: Wir suchen gezielt das Gespräch mit ihnen. Ein Einzugsgespräch findet bereits gemeinsam mit Angehörigen oder Betreuern, und der Einrichtungsleitung oder Pflegedienstleitung des Hauses statt. Dennoch sind mit einem Gespräch nicht alle Fragen und Sorgen vergessen. Die Betreuer nehmen hier die Rolle eines kontinuierlichen Gesprächspartners ein. Im Laufe der Eingewöhnungsphase stehen sie den neuen Bewohnern bei Anliegen zur Verfügung. Es ist wichtig, den Bewohnern in dieser Phase im Gespräch das Gefühl des „Verstanden werden“ zu vermitteln. Wir nehmen die Sorgen und Ängste ernst, was eine vertrauensvolle Grundbasis bildet.
Wir glauben, jeder Mensch hat das Recht, sich wohlzufühlen. Um das zu erreichen, bedarf es einer Lebensumwelt, welche nach den Wünschen und Bedürfnissen der bei uns im Haus lebenden Menschen gestaltet wird. Wer in einer Pflegeeinrichtung lebt, hat sein zu Hause, sein Grundstück, seine Heimat zurücklassen müssen. Es ist ein Neuanfang, wenn auch oft ein unfreiwilliger, meist aber ein nötiger. Wer unerwartet in ein neues Wohnumfeld kommt, muss eine Vielzahl an Prozessen durchleben. Das Kennenlernen einer neuen Umgebung, neuer Räumlichkeiten, neuer Menschen, und einer oft völlig neuen Wohnsituation, die mit dem selbstständigen Leben in den eigenen vier Wänden nicht viel gemeinsam hat; ist eine Aufgabe, die fast niemandem leichtfällt, ob Demenzkrank oder nicht. Und besonders Demenzkranke Menschen haben mit einem plötzlichen Wechsel des Wohnumfeldes zu kämpfen, fehlen doch nun zahlreiche Anhaltspunkte und Stützen im Alltag, an denen sie sich zuvor orientieren konnten. Hier kann Abhilfe geschafft werden. Auf den Zimmern der Bewohner besteht die Möglichkeit, eigene Möbel, Geräte und Dekorationsgegenstände unterzubringen. Ein Sofa, eine Uhr, ein Bilderrahmen; es können ganz verschiedene Dinge sein, welche einen wichtigen Bezug zum alten Leben in den eigenen vier Wänden wiederherstellen. „Ich kenne dieses Möbelstück!“, als Aussage oder als Gedanke reicht bereits aus, um eine Verbindung zu bekannten und vertrauten Abläufen zu erschaffen. Die Betreuungsmitarbeiter unseres Hauses, sind mit den Bewohnern stets in Kontakt, um über solche Verbindungen zu sprechen, und in Erfahrung zu bringen, wo eventuell weitere Möglichkeiten bestehen für Momente des Wohlbefindens durch die Gestaltung des Wohnumfeldes zu schaffen.
Wir schätzen die Biografie der Bewohner als einen wertvollen und unverzichtbaren Schatz in der Arbeit der Betreuungs- und Pflegekräfte. Ob es sich um einen Demenzkranken Menschen handelt oder nicht, in der Biografie finden sich Informationen zur individuellen Geschichte, zur Persönlichkeit und zu den Vorlieben und Abneigungen der in unserem Haus lebenden Menschen. Eine gute Betreuungsarbeit ohne diesen Schatz an Informationen ist undenkbar. Ob in Gesprächen oder bei basalen Aktivierungsangeboten, das Wissen über den Hintergrund der Bewohner kann in den verschiedenen Betreuungssituationen des Alltags behilflich sein. Die Betreuungsmitarbeiter des Hauses geben gezielt Impulse, sprechen Themen an, die für die Bewohner relevant sind. Daraus resultierende Unterhaltungen fördern und fordern unter anderem das Erinnerungsvermögen, sich an „früher“ erinnern erfordert eben dieses. Das ist allerdings nur eines von mehreren Beispielen, was die Biografie bewirken kann. Die Biografie eines Bewohners endet nicht mit dem Einzug in die Pflegeeinrichtung. Jeder Mensch verändert sich im Laufe seines Lebens. So auch unsere Bewohner. Vorlieben, Abneigungen, Verhaltensmuster; all das sind Dinge, die einem fortwährenden Wandel unterlegen sind. Auch was das Wohlbefinden der Menschen in unserem Haus angeht, und wie ihre Rituale und Wünsche in der Praxis umgesetzt werden, ist Teil der Biografie.
Wir schaffen Raum, Ort und Zeit für soziale Kontakte, denn ohne diese würden wir emotional verkümmern. Ohne Kontakt zu anderen Menschen, würden die Bewohner vereinsamen. Ein Punkt, an dem wir anknüpfen, ist der Kontakt zu den eigenen Angehörigen. Regelmäßige Besuche, Anrufe oder Briefe erhalten den Kontakt. Aber nicht jeder Bewohner hat Angehörige, die regelmäßig zu Besuch kommen. In manchen Fällen gibt es auch keine Angehörigen mehr. Egal ob ein Bewohner noch soziale Kontakte zu Familie und Freunden hat, wichtig ist das Knüpfen von neuen sozialen Kontakten für alle von ihnen. Einen Menschen zu finden, mit dem man sich austauschen kann, der sich in einer vergleichbaren Situation befindet wie man selbst, oder einfach ein Mensch, mit dem man den Alltag gemeinsam verbringt; all das sind Dinge, ohne die ein Mensch in der Regel kein erfülltes Leben führen kann.
Wir achten in der Kommunikation mit den bei uns lebenden Menschen darauf, sie sprichwörtlich „da abzuholen, wo sie sich befinden“. Das soll bedeuten, dass wir uns auf eine Ebene mit den Bewohnern begeben, um mit ihnen auf Augenhöhe kommunizieren zu können. Dazu hilft uns die sogenannte Technik der Validation. Validation leitet sich ab vom lateinischen „validus“ und bedeutet „Bestätigung“. In der integrativen Validation wird die vom Betroffenen wahrgenommene Realität als richtig angenommen, Aussagen werden bestätigt, ganz ohne Wertung und ohne Korrektur. Es wird auf die Realität, wie der Betroffene sie wahrnimmt eingegangen, wir begeben uns also in die Welt des Betroffenen, und können ihm auf Augenhöhe begegnen. Ein demenzkranker Mensch nimmt seine Umwelt oft anders wahr als nicht erkrankte Menschen. Je nach Grad der Demenz beim Betroffenen, reichen die Auswirkungen der Erkrankung von einer leicht veränderten Wahrnehmung bis zur komplett alternativ wahrgenommenen Realität. Daraus entstehen Verhaltensweisen, welche wir als „herausforderndes Verhalten“ wahrnehmen. Der Betroffene verhält sich auf eine Art und Weise, die nicht der gesellschaftlichen „Norm“ und den allgemein akzeptierten Wert- und Moralvorstellungen entspricht. Hierzu gehört potenziell auch „aggressives“ Verhalten. Mit der Validation haben wir einen Ansatz, um den Betroffenen trotz des herausfordernden Verhaltens Wertschätzung und Verständnis entgegenzubringen. Wir versuchen nicht, Aussagen und Verhalten, welche wir als „falsch“ erachten, zu korrigieren. Wir bestätigen dem Betroffenen, dass die von ihm erlebte Realität richtig ist. Das kann dazu führen, dass Frustration und Überforderung sowohl beim Personal als auch bei Bewohnern verringert werden.
Unser Tagesablauf
Ab 08:00 Uhr: Gemeinsames Frühstück im Tagesraum, betreut durch einen Mitarbeiter.
Ab 10:30 Uhr: Gruppenangebot der Betreuung nach Wochenstrukturplan.
Ab 12:00 Uhr: Gemeinsames Mittagessen im Tagesraum, betreut durch mehrere Mitarbeiter.
Ab 13:00 Uhr: Mittagsruhe. Bewohner, die im Tagesraum bleiben möchten, werden durch einen Mitarbeiter betreut.
Ab 15:00 Uhr: Gemeinsamer Nachmittagscafé im Tagesraum, betreut durch mehrere Mitarbeiter.
Ab 16:00 Uhr: Gruppenangebot der Betreuung nach Wochenstrukturplan. Gruppenangebot der Betreuung nach Plan der Angebote für Demenzkranke.
Ab 18:00 Uhr: Gemeinsames Abendessen im Tagesraum, betreut durch mehrere Mitarbeiter.
Ab 19 Uhr: Abendruhe. Ein Mitarbeiter der Betreuung ist bis 20 Uhr als Ansprechpartner bei Fragen, Anliegen und Wünschen vor Ort.
Das Betreuungskonzept unseres Hauses zeigt deutlich, dass eine soziale Betreuung durch geschultes Betreuungspersonal, durch Pfleger und Angehörige unverzichtbar in Pflegeeinrichtungen ist. Oft wird davon gesprochen, dass eine „ganzheitliche“ Pflege angestrebt wird. Ohne den Aspekt der sozialen Betreuung ist das nicht möglich, denn erst durch die verschiedenen Gruppen- und Einzelangebote, durch Ausflüge, seelsorgerische Angebote und Angehörigenarbeit ist es uns möglich unsere Bewohner auf den verschiedenen Ebenen (kognitiv, emotional, motorisch, psychosozial) zu aktivieren. Das Gestalten des eigenen Alltags wird durch die Unterstützung der Betreuungsmitarbeiter wieder in die Hände der Bewohner gelegt. Die Selbstbestimmung und das Selbstwertgefühl werden wiederhergestellt. Denn:
„Alte, orientierungslose Menschen wollen sich sicher und geliebt fühlen, wie jeder andere Mensch auch.“
-Naomi Feil-
Unsere Betreuungskräfte begleiten die Pflegebedürftigen durch den Tag, und sind eine Stütze für jeden von ihnen.